Hab hier gerad zufällig mal was interessantes gefunden....dachte ich poste es mal, fragen sich ja viele 
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Schwanger fliegen: Genaue Informationen sind nötig
Dürfen Schwangere fliegen? Klare Empfehlungen, etwa ein Verbot, gibt es nur in den wenigsten Fällen. Die Mehrzahl der werdenden Mütter muß Risiken und persönlichen Nutzen - unter fachärztlicher Beratung - abwägen. Jede von ihnen muß für sich selbst und das Kind entscheiden, ob sie fliegen will, dazu aber die Fakten kennen.
Sobald man für zwei denken muß, rücken viele Reiseziele in weite Ferne, wichtig wird die fachärztliche Versorgung am Urlaubsort - für alle Fälle. Ein Notfallrückflug ist meist mit Risiken verbunden und etwa bei schweren Blutungskomplikationen sogar unmöglich. Fällt die Wahl auf ein weiter entferntes Ziel, stellt sich die Frage nach der Flugtauglichkeit.
Die Gefahren
Die klarsten Regelungen bestehen für das Ende der Schwangerschaft. Ausgehend von den Vorschriften der IATA (International Air Transport Association), die von einem Flug in den letzten vier Wochen vor dem errechneten Geburtstermin abrät und ein ärztliches Attest fordert, nehmen viele Fluggesellschaften Schwangere ab diesem Zeitpunkt nicht mehr an Bord.
Dies soll in erster Linie Geburten an Bord mit allen damit verbundenen Risiken vermeiden. Aber schon vor dem achten Schwangerschaftsmonat sind drei Aspekte entscheidend: Der geringere Sauerstoffgehalt der Atemluft in der Höhe, das lange Sitzen mit der Gefahr der Thromboseentstehung und schließlich die kosmische Strahlenbelastung.
"Mount Everest in utero"
Verkehrsflugzeuge fliegen auf einer Höhe von 9.000 bis 12.000 Metern, und da der Luftdruck in dieser Höhe für den Menschen zu gering wäre, haben die Maschinen Druckkabinen, die jedoch aus technischen Gründen nicht den Druck am Boden erzeugen, sondern den einer Höhe von etwa 2.500 Metern. Deshalb ist an Bord weniger Sauerstoff in der Luft. Das gleicht der Körper normalerweise mit einem Anstieg der Herzfrequenz aus. Auf das ungeborene Kind in der Gebärmutter muß der Sauerstoff im Blut der Mutter erst noch über die Plazenta transportiert werden. Daraus ist das unheilverheißende Schlagwort "Mount Everest in utero" entstanden.
Renate Huch, Professorin an der Klinik für Geburtshilfe der Universität Zürich und anerkannte Expertin für dieses Thema, beruhigt jedoch. Sie hat Studien durchgeführt, die zeigten, daß bei normalen Schwangerschaften der Körper der Mutter wie bei einem Normalpassagier reagiert und auch für das Kind keine nachteiligen Wirkungen festgestellt werden können. Allerdings setzt dies eine "normale" Schwangerschaft voraus. Ist etwa die Versorgung des Kindes wegen einer Störung der Schwangerschaft schon am Boden nur schlecht gewährleistet, kann der weitere Abfall des Sauerstoffangebots tatsächlich zu Problemen führen. Eine gründliche frauenärztliche Untersuchung und Beratung vor Reiseantritt ist deshalb unabdingbar.
Erhöhte Thromboseneigung
Die Thrombosegefahr auf Langstreckenflügen war zuletzt im Herbst 2000 durch den plötzlichen Tod einer 28jährigen nach einem zwanzigstündigen Flug ins Bewußtsein der Öffentlichkeit gelangt. Seitdem wurden für vielstündige Reisen Verhaltensempfehlungen erarbeitet, die auch für Schwangere relevant sind. Während der Schwangerschaft besteht durch Veränderungen des Gerinnungssystems eine erhöhte Thromboseneigung.
Die Wiener Konsensus-Konferenz zur Reisethrombose stufte Schwangere aus diesem Grund in die Gruppe der Reisenden mit mittlerem Thromboserisiko ein. Sie sollten deshalb immer vorbeugen: Auf Beinbewegungsfreiheit achten, kein Handgepäck unter den Vordersitz klemmen, Beine bewegen, ausreichend trinken, Alkohol und Schlafmittel vermeiden und Kompressionsstrümpfe (Klasse 1, bei Vorliegen von Krampfadern nach Rücksprache mit dem Arzt eventuell auch Klasse 2) tragen. Zusätzlich wird bei Schwangeren eine medikamentöse Prophylaxe empfohlen. Ob dies in jedem Fall, etwa in der Frühschwangerschaft, notwendig ist, muß der betreuende Arzt entscheiden. Auch in dieser Hinsicht ist somit wieder eine ärztliche Beratung vor der Reise notwendig.
Unterschiedliche Strahlendosis
Der dritte Aspekt, die kosmische oder Höhenstrahlung ist sicherlich nicht der medizinisch relevanteste, aber der umstrittenste. Hier stellt sich die Frage, ob eine Schwangere überhaupt an Bord soll. Die einzige Möglichkeit, an diesem Punkt anzugreifen, ist nämlich, nicht zu fliegen.
Alles, was mit Strahlung zu tun hat, erschwert eine nüchterne Diskussion, berechtigte Befürchtungen mischen sich mit irrationalen Ängsten, kühler Emotionslosigkeit und blinder Sorglosigkeit. Das eigenartige ist, daß die naturwissenschaftlichen Fakten gar nicht in Frage gestellt werden. Bis auf kleine Abweichungen sind sich alle einig. Es geht nur um die Bewertung. Die GSF, das Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit in Neuherberg bei München, hat ein von der EU-Kommission gefördertes Programm zur Bestimmung der Strahlendosis auf Flügen (EPCARD) entwickelt.
Die Strahlendosis ist für jeden Flug unterschiedlich und sehr variabel. Sie schwankt in einem etwa elfjährigen Zyklus mit der Intensität des sogenannten Sonnenwindes. Daneben ist sie aber auch von der Flughöhe und der Flugroute abhängig, da sie mit der Höhe zunimmt und in der Nähe der Pole wesentlich stärker ist als am Äquator. Danach beträgt die Belastung auf einem dreizehnstündigen Flug von München nach San Francisco im Durchschnitt etwa 70 Mikrosievert; bei dem annähernd gleich langen Flug nach Sao Paulo dagegen weniger als die Hälfte. Eine Reise von Frankfurt nach Palma de Mallorca wird wegen der geringeren Höhe und Dauer lediglich mit 3 Mikrosievert veranschlagt.
"Schwangere und Kinder haben da oben nichts zu suchen"
Dem Laien sagen solche Zahlenwerte wenig. Und auch bei Experten lösen sie unterschiedliche Reaktionen aus, denn die Bewertung der Strahlenbelastung im Hinblick auf das ungeborene Leben ist auch unter ihnen umstritten. Ist das viel oder wenig? Darf eine schwangere Frau fliegen? Das Gros der Experten sagt: Ja. So etwa Renate Huch: "Eingedenk einer theoretischen Risikoerhöhung im Zufallsbereich gibt es beim heutigen Kenntnisstand wenig Argumente, vom Fliegen in der Schwangerschaft wegen der kosmischen Strahlenbelastung abzuraten." Ganz anders sieht das Horst Kuni, Radiologe an der Universität Marburg, der in der Zeitschrift Öko-Test mit dem prägnanten Satz zitiert wird: "Schwangere und Kinder haben da oben nichts zu suchen."
Diese Kontroverse verstärkt noch, daß zur exakten Bewertung auch die Art der Strahlung und der Zeitpunkt der Schwangerschaft wichtig sind. Ähnlich wie beim Alkoholgenuß gilt:
In den ersten Schwangerschaftswochen ist die Gefahr einer Schädigung des ungeborenen Kindes höher als gegen Ende der Schwangerschaft. Und doch gibt es wohl kaum eine Frau, die einen Schwangerschaftstest macht, bevor sie im Restaurant ein Glas Wein bestellt oder zum Flughafen fährt.