Tröstender Benjamin

Begonnen von Elena, 15. Februar 2012, 21:42:18

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Elena

Unser Tröstender Benjamin

Es ist bei uns schon über 11 Jahre her, aber so ein Verlust ist trotz alle dem nur schwer zu ertragen.

An einem schönen Herbsttag im Oktober 2000 hatte ich auf einmal starke Unterleibsschmerzen und wusste nicht was los war. Es war der 16. Oktober 2000. Ich habe darauf hin meinen Mann angerufen, welcher sich sofort auf den Weg gemacht hat. Konstantin hatte von unterwegs meine Mutter angerufen, welche Gott sei Dank Zeit hatte und uns in die Klinik begleitet hat. Das was ich absolut nie wollte, eine Entbindung in der Klinik.

Dort haben sie mich erst einmal eingehend untersucht und haben durch einen Ultraschall festgestellt, dass unser Kind einen Herzschlag mehr hat.
Es war für uns als ob die Welt stehen bleiben würde. Uns wurde im wahrsten Sinne des Wortes der Boden unter den Füßen weggezogen.

Ich habe darauf hin, die Pastorin angerufen, welche uns getraut hat. Ich kannte sie seit dem ich nach Deutschland zurückgekommen war. Sie ist eine gute Freundin von mir. Ich wollte sie in meiner Nähe wissen. Die Ärztin sagte mir nach ihrer Ankunft, das sie mir ein Wehenförderndes Mittel geben müsste um die Geburt auszulösen, was für mich absolut undenkbar war. Ich wollte partout keine künstlichen Wehen und vor allem nicht zu früh.

Ich wollte dieses Kind partout nicht zu diesem Zeitpunkt zur Welt bringen. Mein Mann konnte mich sehr gut verstehen. Auch für ihn war es sehr schwer zu verkraften, dass unser Kind nicht mehr am Leben war.


Für mich war es unheimlich schwer zu ertragen, weil ich wusste, dass ich dieses Kind auf natürlichem Wege zur Welt bringen musste und es nicht schreien würde und sehr klein sein würde und einfach nicht atmen würde.
Wir hatte ein eigenes Zimmer und konnten uns darin ausbreiten wie wir wollten und wurden auch nicht gestört. Dort haben wir die Nacht verbracht und haben versucht mit Hilfe unserer Pastorin ein Stück weit zu begreifen, was wenige Stunden zuvor passiert ist.

Am morgen des 17. Oktober 2000 haben wir letztenendes unsere Einwilligung gegeben mir Wehenfördernde Mittel zu geben. Die ersten Wehen kamen gegen halb 11 Uhr morgens. Die ersten Stunden über fühlte es sich eher wie ein ziehen und schmerzen im Unterleib an. Ich konnte eigentlich fast alles damit machen, weil es nicht so sonderlich weh tat. Ich bin mit Konstantin und der Pastorin in die Kapelle gegangen und wir haben mit ihr auch die Nottaufe des Kindes besprochen. Wir wollten unbedingt das unser Kind Gottes segen hat und von ihm begleitet wird. Wir haben mit dem Klinikpersonal, bzw. mit Hilfe der behandelnden Gynäkologin arrangiert, dass wir für eine Gute Halbe Stunde den Raum der Stille im Elbeklinikum Stade haben durften.

Während dieser ganzen Zeit war ich teilweise wie in Trance. Ich wusste teilweise nicht wie mir geschieht. Aus dieser Trance oder Starre wurde ich gegen 15 Uhr urplötzlich herausgeholt, als auf einmal die Wehen heftig.

Ich habe dagegen angeatmet und gepresst und um 16:30 erblickte Benjamin das Licht der Welt. Ich war in der 22. Schwangerschaftswoche. Er war nur 28 Zentimeter groß und wog 420 Gramm. Er war so klein und doch so wunderschön. Unser Kind, unser Sohn, unser Benjamin.
Wir haben dann die Zeit als Familie genossen. Wir haben uns dann erneut an die Ärztin gewandt, welche uns geholfen hat den "Raum der Stille" zu bekommen. Diese hat uns den Raum dann für 19:00, nach der offiziellen Schließungszeit zur Verfügung gestellt.
Meine Eltern haben meine Großeltern abgeholt, damit diese anwesen sein konten. Die Pastorin haat improvisiert und eine Art Taufbecken arrangiert. In Anwesenheit meiner Eltern, Großeltern und Schwiegereltern (Haben sich nach Beginn der Wehen mit ihren anderen beiden Kindern auf den Weg gemacht), meiner Schwägerin, meines Schwagers, des Kreissaaltems und der Pastorin in einer Nottaufe getauft.

Er wurde auf den Namen Benjamin James Matthew Caleb Zachary M getauft. James ist eine englische Form von Jacob, nach dem Urgroßvater meines Mannes Jacob, Matthew nach meinem Urgroßvater Matthew, Caleb fanden wir schön und Zachary nach meinem Großvater Zachary. Benjamin ist ein schöner Name und bedeutet: ,,Sohn meiner rechten Hand" oder auch ,,Glückskind", ,,Sohn des Glücks", ,,Sohn des Trostes".
Wir fanden diesen Namen einfach passend. Er war ein Kind des Glücks oder Glückskind.

Nach der Taufe haben wir uns wieder auf unser Zimmer zurück gezogen. Dort haben wir die Nacht mit Benjamin verbracht, und am nächsten Morgen haben wir ihn der Pastorin übergeben, welche sie die Ärztin übergeben hat. Sie haben sich dann um die Bestattung gekümmert.

Diese fand am 21. Oktober 2000 auf dem Stader Horstfriedhof statt. Unsere Pastorin war an unserer Seite, da ihre Gemeinde nicht in Stade ist. Außerdem waren unsere Familie und die engsten Freunde an unserer Seite. Was uns gefreut hat, war das sogar einige Krankenhausmitarbeiter anwesend waren. Er lag in einem kleinen weißen Sarg, in einem süßen blauen Strampler. Er hatte mehrere Gaben bei sich. Von der Pastorin hatte er einen Bibelspruch bei sich, von uns hat er ein Kuscheltier bekommen und auch meine Eltern und Schwiegereltern und sogar das Kreissallteam haben ihm Geschenke mitgegeben.

Er wird immer unser erstes Kind bleiben und wir werden immer an Benjamin denken.

Helena und Konstantin

pirANhJA

 :'( :'( :'( :'( :'(

Ihr habt einen kleinen Engel an Eurer Seite.



Mir laufen die Tränen.

Es ist egal wieviel Zeit vergeht, man denkt immer an alle Kinder, die man empfangen und geboren (oder verloren) hat.
Mein ältester Sohn hatte einen eineiigen Zwillungsbruder, er ist im 4 SSM einfach gegangen und war versteinert im Mutterkuchen. Ein gesunder Junge lag nach der Geburt in meinem Arm.
Eine stille Geburt ... mir fehlen die Worte ... hoffe, Du verstehst was ich meine ... etwas schweres können keine Eltern mitmachen. Je länger man seine Kinder liebt, je schwerer fällt es sie loszulassen.

:'( Ani s-hug
Wer heutzutage nicht verrückt ist, der ist nicht normal!

lacillia

Hallo Helena,

auch ich habe so etwas schon erleben müssen...
Ich finde es toll, daß ihr noch eine Nottaufe hattet. Ich stand damals auch in engem Kontakt zu meiner Freundin, sie war zu diesem Zeitpunkt Vikarin. Sie hat mir die Nottaufe angeboten oder eine Segnung. Leider war ich damals zu keiner Entscheidung fähig, da das alles zu viel für mich war...

3 Jahre ist es jetzt bald bei mir her, daß ich Elias still geboren habe. So lange und doch gerade eben erst... :'(


Elena

Hallo!

pirANhJA: Es war schwer und man vergisst sein Kind nie und man liebt sie alle gleich. Es wird mit der Zeit, immerhim schon über 11 Jahre, leichter aber nie leicht. Es ist immer schwer über ein verlorenes Kind zu reden, und genauso schwer ist es den späteren Geschwistern oder überhaupt Geschwistern davon zu erzählen.
Eine Stille Geburt, man wünscht sich eine "laute" Geburt, aber wir waren im Nachhinein dankbar Zeit mit unserem Kind verbringne zu dürfen.


Lacillia: Ja, ich verstehe. Jeder geht mit dem Verlust anders um. Ich war damals die ganze Zeit in Trance und erst nach der Beerdigung kamen bei mir die ganzen Emotionen hoch. Vorher habe ich quasi funktioniert und das getan was für unser Kind das beste ist. Ich war einfach unter Schock.

Helena

pirANhJA

Meine letzte FG-AS wurde in einem kath. Krankenhaus durchgeführt.
Für die zählt jedes Leben, egal wie kurz.
2x im Jahr werden die Sternchen zusammen beigesetzt.
Ich warte auf den April.
Wer heutzutage nicht verrückt ist, der ist nicht normal!

lacillia

Im Nachhinein wünschte ich natürlich, wir hätten auch eine Nottaufe gehabt. Aber es ist schon ok, die Beerdigung hat vieles, wie soll ich es ausdrücken, "wettgemacht"?

Elias ist unser zweites Kind, Sophie war damals fast 3 und hat natürlich auch viel mitbekommen. Aber ich war auch froh, daß ich sie schon hatte, sie hat mich viel trösten können, wenn auch unterbewußt.

Ich wünschte auch manchmal, daß ich Elias wenigstens noch kurz hätte kennenlernen dürfen. Wenigstens ein Atemzug. Aber das hätte den Abschied sicher nicht einfacher gemacht...

Heute vor drei Jahren begann alles. Am 17.2. wurde ich von meiner FÄ ins KH überwiesen. Ab da nahm alles seinen Lauf...


pirANhJA

@lacillia
:'( :'( :'(

Eure Kinder haben einen Schutzengel und Euer Sternchen hat Euch noch ein Geschwisterchen geschickt.
Wer heutzutage nicht verrückt ist, der ist nicht normal!

Elena

Hallo!

pirANhJA: Wir waren eigentlich relativ dankbar, dass wir unser Kind alleine beisetzen konnten.

lacillia: Habt ihr Elias denn noch eine Zeit bei euch haben dürfen?

Helena

lacillia

Also, direkt nach der Geburt schon. Wir waren noch eine Weile mit ihm im Kreissaal. Aber da er ziemlich spät abends geboren wurde, waren wir natürlich irgendwann einfach nur noch müde und mußten auch mal schlafen. Am nächsten Tag konnten wir noch einmal zu ihm und uns verabschieden...


Elena

Hallo lacillia!

Da hattet ihr auch die Möglichkeit euch von Eurem Sohn zu verabschieden.

Helena